Warum Sportler in Deutschland einen Defibrillator benötigen
Jedes Jahr versterben etwa 65.000 Menschen in Deutschland einen plötzlichen Herztod. Von den Todesfällen, die durch eine Herz-Kreislauf-Erkrankung verursacht wurden, macht das 20 Prozent aus. Er tritt ohne Vorwarnung auf und kann Jeden zu jeder Zeit treffen.
Ältere Menschen sind am häufigsten betroffen, sowie Menschen mit bestehenden Herzerkrankungen. Etwa ein Drittel der Betroffenen ist unter 65 Jahre alt. Personen, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben, haben ebenfalls ein höheres Risiko.
Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass auch junge, gesunde Menschen einem plötzlichen Herztod erliegen können. Amateursportler:innen haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden.
Wir zeigen Dir im folgenden Beitrag, woran das liegen könnte und was man präventiv dagegen tun kann.
- Kann der plötzliche Herztod beim Sport auftreten?
- Was können die Ursachen für den plötzlichen Herztod im Sport sein?
- Sollte ich also Sport aufgrund des Risikos vermeiden?
- Was kann ich tun, um das Risiko des plötzlichen Herztodes beim Sport zu vermindern?
- Was für eine Rolle spielt dabei der Defibrillator?
Kann der plötzliche Herztod beim Sport auftreten?
Der Fall des Fußballspielers Christian Eriksen (29) ist das wohl bekannteste Beispiel, welches durch die Medien ging und die Bevölkerung schockierte. Vor laufenden Kameras brach der dänische Nationalspieler auf dem Platz zusammen – Diagnose: Herzstillstad. Eine unverzügliche Defibrillation konnte Eriksen das Leben retten. Doch der Fall Eriksen stellt keinen Einzelfall dar. Immer mehr Amateur-Sportler:innen, aber auch Profis, kollabierten in den letzten Monaten. Auch der Eishockey-Spieler Boris Sadecky (24) erlitt bei einem Auswärtsspiel einen Herzstillstand und verstarb wenige Tage später im Krankenhaus. In der Bodybuilder-Szene erlitten ebenfalls mehrere Sportler:innen wie zum Beispiel Shawn Rhoden (46) einen tödlichen Herzinfarkt.
Dass Amateure im Sport ein erhöhtes Risiko haben, einen plötzlichen Herztod zu erleiden, ist seit Längerem bekannt. So erklärte Dr. Philipp Bohm vom universitären Herzzentrum Zürich bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) mit, dass im Sport „ausschließlich ambitionierte Freizeitsportler“ vom plötzlichen Herztod betroffen seien. Im sogenannten „Sudden Cardiac Death Register“, welches Todesfälle in Verbindung mit dem plötzlichen Herztod dokumentiert, seien 265 Fälle in einem Zeitraum von viereinhalb Jahren im Sport registriert worden, so Bohm. Die Betroffenen sind fast ausschließlich männlich und haben ein Durchschnittsalter von 47 Jahren. Sportarten wie Fußball und Laufen werden am häufigsten mit dem plötzlichen Herztod in Verbindung gebracht. Laut der Deutschen Herzstiftung gibt es jährlich circa zwischen 0,7 und 3 Todesfälle pro 100.000 Sporttreibende. 96 Prozent der Betroffenen seien dabei männlichen Geschlechts.
Doch auch Profi-Sportler:innen sind zunehmend betroffen, wie die obigen Beispiele verdeutlichen. Ivica Jukic, Wiener Kardiologe und Sportmediziner, berichtet, dass Kammerfilmmern oder Herzrhythmusstörungen häufig Ursache von plötzlichen Zusammenbrüchen darstellen. Der Herzmuskel ziehe sich demnach nicht mehr synchron zusammen und folglich versage der Blutkreislauf, so erklärt er. Auch würden Leistungssportler:innen häufig über ihre körperlichen Grenzen gehen und sich nur wenig regenerieren. Ein Beispiel seien demnach Erkältungen, welche nicht ernst genommen werden und weiter intensiv trainiert werde. Als Folge, so erklärt Jukic, können Herzmuskelentzündungen entstehen. Wenn dann kein Trainingsverbot erteilt werde und das Herz nicht regenerieren könne, kann es zum plötzlichen Herztod kommen, erklärt Jukic.
Was können die Ursachen für den plötzlichen Herztod im Sport sein?
Der plötzliche Herztod im Sport kann verschiedene Ursachen haben. Laut Deutscher Herzstiftung wird dieser bei Menschen unter 35 Jahren zumeist durch Herzmuskel- (Myokarditis), Herzklappen-, Aorta- oder Herzkranzgefäßerkrankungen ausgelöst. Auch Fehler der Herzklappen, welche von Geburt an bestehen, können zum plötzlichen Herztod führen. Im Ruhezustand, so erklärt die Stiftung, blieben diese Erkrankungen zumeist unentdeckt und führen zu keinen körperlichen Beschwerden. Bei starken Belastungen des Körpers, wie es bei Sportler:innen der Fall ist, werde jedoch die Versorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff vermindert, sodass es zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen kommen könne. Sportler:innen ab 35 Jahren können hingegen meistens aufgrund koronarer Herzkrankheiten einen plötzlichen Herztod erleiden. Dabei lagere sich Plaque, welches aus Cholesterin, Bindegewebe und Kalk besteht, in den Herzkrankgefäßen ab und verengen sich dadurch. Dadurch können Blutgerinnsel entstehen, wenn diese Plaques reißen. Folge sei ein Herzinfarkt, wobei es auch zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen kommen kann.
Eine brandneue Studie aus Südkorea kam zu dem Ergebnis, dass körperlich sehr aktive Menschen höhere Kalzium-Ablagerungen in ihren Herzkranzgefäßen aufweisen als Menschen, die körperlich inaktiv oder mäßig aktiv sind. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Beobachtungsstudie, weshalb die Ursachen des Zusammenhangs in weiteren Studien untersucht werden muss.
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Sollte ich also Sport aufgrund des Risikos vermeiden?
Natürlich nicht. Sportliche Betätigung ist gesundheitsfördernd. Regelmäßige sportliche Betätigung beugt koronaren Herzkrankheiten (KHK) vor und senkt das Risiko für Arteriosklerose, also Gefäßeinlagerungen, welche zu KHK führen können. Durch sportliche Betätigung wird der Körper optimal mit Sauerstoff versorgt. Eine dauerhafte, unzureichende Versorgung des Herzens mit Sauerstoff und Nährstoffen hingegen wird durch Arteriosklerose verursacht und führt zu KHK, sowie zu Herzinfarkten, Herzrhythmusstörungen und im schlimmsten Fall zum plötzlichen Herztod. Weitere positive Effekte von Sport sind die Senkung des Blutdrucks, die Regulierung von Blutzucker- und Blutfettwerten, die Verminderung von Entzündungsprozessen, die Förderung eines normalen Körpergewichts, sowie der Abbau von Stress. Folglich werden alle Risikofaktoren, welche zu KHK und dem plötzlichen Herztod führen können, durch regelmäßigen Sport gesenkt und beugt diesen somit vor. Auch bereits bestehende Herzkrankheiten können durch Sport verlangsamt oder teilweise gestoppt werden. Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt dabei besonders Ausdauersportarten wie Joggen, Walken, Wandern, Radfahren, Rudern oder Schwimmen. Personen mit bestehenden Herzbeschwerden sollten allerdings ihre individuelle Belastbarkeit ärztlich absprechen und ihre Belastungsgrenzen nicht überschreiten.
Allerdings kann es auch beim Sport zum plötzlichen Herztod kommen. Das Risiko für den Eintritt des plötzlichen Herztodes erhöht sich um den Faktor 2,8. Das kann dadurch erklärt werden, dass sehr hohe körperliche Belastungen bei Personen mit unerkannten kardiovaskulären Erkrankungen bedrohliche Herzrhythmusstörungen hervorrufen können. Besonders wird das Risiko bei vorerkrankten Amateur-Sportler:innen und Freizeit-Sportler:innen erhöht, da diese nicht trainiert sind und die extreme körperliche Belastung nicht gewohnt sind. Trotz allem ist regelmäßiger Sport ein protektiver Faktor für Herzerkrankungen und den plötzlichen Herztod.
Was kann ich tun, um das Risiko des plötzlichen Herztodes beim Sport zu vermindern?
Wenn du planst, zukünftig mehr Sport zu treiben, könnte laut Deutscher Herzstiftung eine kardiologische Untersuchung eine gute Präventionsmaßnahme sein. Der Kardiologe oder die Kardiologin kann dabei auch feststellen, ob bereits Vorerkrankungen bestehen, die bisher symptomlos waren. Der Besuch bei einem Kardiologen oder einer Kardiologin ist besonders wichtig, wenn es in deiner Verwandtschaft bereits Herzerkrankungen im jungen Alter gab oder gar Todesfälle. Amateur-Sportler:innen wird seit 2005 wenigstens ein Screening im Form einer sportmedizinischen Untersuchung des Ruhe-EKGs empfohlen. In Italien wurde bereits eine Sporttauglichkeitsuntersuchung gesetzlich für Wettkampfsportler:innen eingeführt. Dadurch konnte die Anzahl Betroffener von 3,6 auf 0,4 pro 100.000 Personenjahre gesenkt werden. Bohm empfiehlt dementsprechend besonders Sportler:innen über 35 Jahren, regelmäßig ein Belastungs-EKG durchzuführen, um Durchblutungsstörungen des Herzmuskels festzustellen.
Ein Gesundheitscheck könne demnach auch nicht schaden, so die Stiftung. Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt dabei ab 35 Jahren die Kosten des Gesundheitschecks.
Um eine Überlastung im Sport zu minimieren, könne auch ein Trainingsplan helfen, welchen Du mit deinem Arzt oder deiner Ärztin besprechen könntest.
Ebenfalls wichtig ist es, bei Infekten und Erkrankungen eine Sportpause einzulegen. Erst nach Auskurieren der Erkrankung und Ausbleiben von Beschwerden solltest du deine Sporttätigkeit wieder aufnehmen.
Was für eine Rolle spielt dabei der Defibrillator?
Trotz regelmäßiger Untersuchungen und Präventionsmaßnahmen kann dennoch, obwohl die Wahrscheinlichkeit reduziert ist, ein plötzlicher Herztod eintreten. Dabei kommt es zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand: das Herz hört auf, regelmäßig zu schlagen und dadurch wird die Pumpfunktion augenblicklich gestoppt. Anschließend verliert die betroffene Person ihr Bewusstsein und das Herz kann nicht mehr genügend Blut, und somit Sauerstoff, in die Organe und das Gehirn des/der Betroffenen befördern. Die Überlebenschancen sinken mit jeder verstrichenen Minute, in der keine Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt werden, rapide. Aus diesem Grund muss schnell gehandelt werden und unverzüglich eine Reanimation gestartet werden. Ein zusätzlicher Einsatz eines Automatisierten Externen Defibrillators (AED) kann die Überlebenschancen um das Doppelte erhöhen. Eine schnelle Defibrillation führt dazu, dass das Herz wieder einen geordneten Takt annimmt und somit wieder sauerstoffangereichertes Blut durch den Körper pumpen kann.
Die Verfügbarkeit eines Automatisierten Externen Defibrillators ist daher ebenfalls eine effektive Präventionsmaßnahme vom plötzlichen Herztod im Sport. Auch die regelmäßige Durchführung von Notfalltrainings, sowie das Anfertigen von Notfallplänen ist dazu von Nöten. Ebenfalls sollte sichergestellt werden, dass geeignete Zugangswege für die Defibrillatoren vorhanden sind.
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Quellen:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (2017). Plötzlicher Herztod: Vor allem Amateursportler betroffen. Pressemitteilung DGK 04/2017. Verfügbar unter https://dgk.org/pressemitteilungen/2017-jahrestagung/2017-jt-aktuelle-pm/2017-jt-aktuelle-pm-tag3/ploetzlicher-herztod-vor-allem-amateursportler-betroffen/.
Deutsche Herzstiftung (2021). Plötzlicher Herztod beim Sport – kein unausweichliches Schicksal. Verfügbar unter https://www.herzstiftung.de/infos-zu-herzerkrankungen/koronare-herzkrankheit/ploetzlicher-herztod/sport.
Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (2019). Plötzlicher Herztod – Ursachen verstehen, Vorboten erkennen und wirksame Therapien entwickeln. Verfügbar unter https://dzhk.de/aktuelles/news/artikel/ploetzlicher-herztod-ursachen-verstehen-vorboten-erkennen-und-wirksame-therapien-entwickeln/.
Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (2019). Plötzlicher Herztod. Verfügbar unter https://dzhk.de/herz-kreislauf-erkrankungen/ploetzlicher-herztod/.
Osmanovic, Nedim (2019). Risiko Leistungssport. Herztod im Sport: Wieso passiert das so häufig? Der Standard. Verfügbar unter https://www.derstandard.de/story/2000098386189/herztod-im-sport-wieso-passiert-das-so-haeufig.
Sung KC, Hong YS, Lee JY, Lee SJ, Chang Y, Ryu S, Zhao D, Cho J, Guallar E, Lima JAC. Physical activity and the progression of coronary artery calcification. Heart. 2021 Nov;107(21):1710-1716. doi: 10.1136/heartjnl-2021-319346. Epub 2021 Sep 20. PMID: 34544807.
Tönnis, T. (2015). Plötzlicher Herztod bei Sportlern und dessen Prävention. Herz 2015, 40:379-385.